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Palliativstationen sind, entgegen verbreiteten Missverständnissen, nicht der Ort für die Behandlung in den letzten Tagen vor dem Tod.
Wien, November 2014 – „Eine flächendeckende und qualitätsvolle palliativmedizinische Versorgung ist die christlich-humanistische Antwort auf Forderungen nach aktiver Sterbehilfe. Sie ist der Gegenentwurf zu Euthanasie-Konzepten, wie wir sie aus Holland oder Belgien kennen, und zum assistierten Suizid in der Schweiz“, so Prim. Dr. Manfred Greher (Herz-Jesu Krankenhaus), Sprecher der acht Wiener Ordensspitäler, anlässlich der ersten Arbeitssitzung der parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ am 7. November. Zur Palliativ-Versorgung in Wien tragen die acht Ordensspitäler in weit überdurchschnittlichem Ausmaß bei: Während insgesamt etwa jedes fünfte Spitalsbett in Wien in einem Ordensspital steht, gilt das für jedes zweite Palliativbett.
In Zukunft sollen die Palliativ-Leistungen der Wiener Ordensspitäler, die derzeit in den Palliativstationen im KH Göttlicher Heiland, im KH St. Elisabeth sowie in einer Kooperation des KH Barmherzige Schwestern mit dem CS Hospiz Rennweg angeboten werden, weiter ausgebaut werden. So wird im Rahmen des „Franziskusverbundes“ am Standort St. Elisabeth (3. Bezirk) die größte Palliativstation Österreichs entstehen.
Verbreitete Missverständnisse zum Thema Palliativversorgung
Palliativstationen sind, entgegen verbreiteten Missverständnissen, nicht der Ort für die Behandlung in den letzten Tagen vor dem Tod. „Während in Hospizen der Schwerpunkt auf die Pflege gelegt wird und der Aufenthalt mangels einer sozialen Struktur der Patienten bis zum Lebensende dauert, geht das Palliativkonzept einen anderen Weg“, so Palliativmedizin-Experte Prim. Dr. Michael Preitschopf (KH Göttlicher Heiland). „Unheilbar Kranke sollen in eine Situation versetzt werden, die ihnen eine optimale Lebensqualität bietet. Ziel ist, sie wieder in ihre gewohnte Umgebung zurück zu bringen. Derzeit sterben etwa 60 Prozent der Menschen im Krankenhaus, was aber dafür keine geeignete Umgebung ist.“
„Durch den Wunsch der Betroffenen, möglichst viel zu Hause zu sein, und durch den Ausbau der mobilen Betreuungen kommen Patientinnen und Patienten heute für immer kürzere Zeit auf die Palliativstation“, erklärt Dr. Karlheinz Wiesinger, Ärztliche Leitung des CS Hospiz Rennweg, dessen Palliativstation in Kooperation mit dem KH der Barmherzige Schwestern Wien geführt wird. „Vor fünf Jahren blieben siedurchschnittlich etwa vier Wochen, diese Zeit hat sich auf die Hälfte reduziert und verkürzt sich weiter, wie internationale Daten zeigen.“
Die verbreitete Ansicht, dass es sich bei Palliativ-Patienten fast ausschließlich um Krebskranke handelt, trifft so nicht mehr zu. Zunehmend handelt es sich auch um Menschen mit schweren unheilbaren kardiologischen, pulmologischen oder neurologischen Erkrankungen. Auch wenn eine optimale Schmerztherapie in der Palliativbetreuung eine zentrale Rolle spielt, geht die medizinische Versorgung doch weit darüber hinaus. Es geht zum Beispiel auch um die bestmögliche Kontrolle von – für Patienten oft sehr beschwerliche und zermürbende – Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Erstickungsgefühle oder Juckreiz. Psychotherapeutische und seelsorgerische Unterstützung hat einen hohen Stellenwert, zum Beispiel um den Leidensdruck zu lindern. Dr. Wiesinger: „Immer wieder gibt es in Palliativeinrichtungen verzweifelte Menschen, die den Tod herbeisehnen. Durch entsprechend wirksame palliativmedizinische Behandlung solcher Beschwerden verschwindet dieser Wunsch fast immer.“
Zunehmender Bedarf – stärkeres öffentliches Investment wünschenswert
Der Bedarf an palliativer Versorgung wird schon deshalb zunehmen, weil unsere Gesellschaft älter wird. „Der Behandlungsaufwand in Palliativstationen ist allerdings sehr zeitaufwändig, personalintensiv und entsprechend kostspielig“, sagt Prim. Greher. „Hier ist ein stärkeres öffentliches Investment wünschenswert. Es sollte nicht dazu kommen, dass sinnvolle und dringend benötigte Palliativ-Angebote durch zu knappe finanzielle Mittel limitiert werden und hinter dem gesellschaftlichen Bedarf zurück bleiben.“
Das hat auch gesundheitsökonomische Implikationen: „Investitionen in die Palliativversorgung bedeuten, intelligent zu sparen“, so Prim. Preitschopf. „Je länger zum Beispiel die Mobilität eines alten Menschen erhalten wird, desto billiger wird es für das System. Kompetente Palliativversorgung bedeutet also auch finanziell eine Entlastung für die Gesellschaft.“